Die Hamburger Botschafter*innen des Klimaparlaments haben im Oettinger Kulturdeck getagt. Wer dabei war, was verhandelt wurde und wer mit wem an einem Algenstrang gezogen hat, erfährst du hier.

Was war los?
An diesem Theaterabend des 2. Juni 2024 ging es heiß her im Oettinger Kultudeck. Verschiedenste Wesen und Unwesen versammelten sich in Form eines Klimaparlaments, um ihre Stimmen für den Planeten zu erheben. Judith Henning und Amelie Hensel führten das Publikum durch den Abend und schufen den Rahmen für die Beiträge dieser außergewöhnlichen Akteure.
Jede Rede war geprägt von einer einzigartigen Perspektive auf das Leben und die Umwelt – sei es aus der Sicht eines Baumes, einer Blaualge, eines Bauwerks oder der Sonne. Diese Stimmen, die sich für ihre jeweiligen Anliegen einsetzten, boten einen ganz besonderen Einblick in die Bedürfnisse und Herausforderungen unserer Mitwelt.

Christoph Rothmeier, der Musiker, begleitete jedes einzelne Wesen und Unwesen mit einer Live-Sound-Performance, die ihm einen eigenen akustischen Charakter verlieh. So verschmolzen Klang und Worte und ließen die Zuhörer tief in die Welten der Rednerinnen und Redner eintauchen.
Nach jeweils vier Reden, in denen teils dringliche Forderungen formuliert wurden, wurde das Publikum einbezogen: Durch Abstimmungen entschied es gemeinsam über die Forderungen der Wesen und Unwesen. Diese interaktiven Momente führten schließlich zu handfesten Beschlüssen, deren Umsetzung nun angestrebt wird.

Die Akteur*innen und ihre Forderungen
Die Redebeiträge selbst reichten von konstruktiven bis hin zu kontroversen Forderungen. So drängte etwa die Sonne, mahnend an ihre zerstörerische Hitze erinnernd, die Menschheit zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit der Energie und Balance im Ökosystem.
Die Kanalratten forderten, das Versiegeln und Vergiften städtischer Grünflächen zu beenden, um ihren Lebensraum zu schützen.
Der Wald und die Bäume, die sich tief mit dem Leben verwurzelt sehen, plädierten dafür, dass Bäume wachsen dürfen und Wälder von Abholzung verschont bleiben.
Der Zitronenfalter bat um blühende Wiesen und den Schutz der Insektenvielfalt, die durch Pestizide bedroht ist.
Die Stadtgrünstreifen verlangten nach mehr Begrünung der Städte, während die Birken für naturnahe urbane Lebensräume eintraten.
Lies hier alle Appelle in ganzer Länge.
Die Demokratie lebt vom Kompromiss
Doch nicht alle Forderungen lagen im Sinne eines umweltbewussten Zusammenlebens. Die Viren, die aus dem auftauenden Permafrost stammten, drängten auf mehr Klimaerwärmung und das Abschmelzen des Polareises, um ihre Verbreitung zu fördern.
Auch der Plastikmüll, der die Ozeane als seine „neue Heimat“ betrachtet, sprach sich gegen deren Säuberung aus. Für ihn wäre die Verunreinigung der Meere ein fortdauerndes Zuhause.
Die Blaualge, eines der ältesten Wesen, forderte hingegen saubere Gewässer und eine intakte Umwelt, in der sie weiterhin gedeihen könnte.
Der Stein des Sisyphos stellte die Frage, ob es in der ökologischen Krise für die Menschheit nicht an der Zeit wäre, neue Wege zu gehen und veraltete Muster zu durchbrechen.
Die Flechten baten um Ruhe für ihre Lebensräume, während die Pilze (Mykorrhiza) daran erinnerten, wie wichtig das Bodenleben und die unterirdische Kommunikation im Ökosystem sind.

Diese Stimmen vereinten sich in einer Vielzahl von Ansichten, die das Publikum dazu einluden, die eigene Rolle im großen Netzwerk des Lebens neu zu überdenken. Die gefassten Beschlüsse stehen als Hilferuf all jener, die das Klima und den Planeten vor dem rasanten Wandel bewahren wollen.
Doch der Blick auf die teils widersprüchlichen Forderungen der Wesen ließ deutlich werden, dass die Krise vor allem eine Herausforderung für die Menschheit ist – dass die Erde, die wir Heimat nennen, bald für uns unbewohnbar sein könnte, wenn diese Appelle ungehört verhallen.
So bot das Klimaparlament eine Bühne für das Ringen um das Überleben in einer sich verändernden Welt und inspirierte die Zuhörer, in kleinen und großen Schritten zur Umsetzung der Beschlüsse beizutragen, um nicht nur den Planeten, sondern auch unsere Zukunft zu bewahren.

Sitzungsleitung
Durch den Abend führten die Präsentationslibelle Judith Henning, die Mooseratorin Amelie Hensel, der Parrreferent und Musiker Christoph Rothmeier sowie die Insektenfrau Annette Hauschild.

Workshopreihe
Der Sitzung des Klimaparlaments ist eine Workshopreihe in Kooperation mit den Hamburger Bücherhallen vorangegangen. Es wurden drei Workshops durchgeführt, um die Teilnehmenden auf kreative Weise in den Prozess einzubinden. Der erste Workshop, geleitet von Amelie Hensel und Judith Henning, bot eine Einführung in das kreative Schreiben und die Kostümentwicklung. Er diente dazu, die Perspektiven und Anliegen der verschiedenen Wesen einzufangen und auszudrücken. Die Teilnehmenden entwickelten kurze Texte, die die Stimmen und Anliegen der Wesen des Klimaparlaments repräsentierten, und zeichneten Figurinen der Wesen und Unwesen, die sie vertreten würden.
Im zweiten Workshop, der von Christoph Rothmeier und Amelie Hensel geleitet wurde, lag der Fokus auf dem Thema Sound. Hier ging es darum, den Appellen der Wesen eine akustische Präsenz zu verleihen. Die Teilnehmenden erforschten, wie Klang als Ausdrucksmittel genutzt werden kann, um die Stimmen der Wesen hörbar zu machen. Sie arbeiteten dabei mit Synthesizern und natürlichen Klängen, um die Wirkung der Reden atmosphärisch zu verstärken. Amelie Hensel arbeitete parallel mit den Botschafter*innen an Kostümideen weiter.

Im dritten Workshop konnten die Botschafter*innen mit Amelie Hensel Kostüme für ihre Wesen oder Unwesen entwerfen. Hier ging es darum, eine sichtbare Identität zu finden. Mithilfe von Materialien wie Pappe, Stoff und Farbe kreierten die Teilnehmenden Kostüme und Accessoires, die die Essenz der einzelnen Wesen einfingen und visuell darstellten. Ziel war es, durch die Kostüme die Charaktere der Wesen für das Publikum greifbarer und lebendiger zu machen.